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Ein schwieriger Grabungsort
40 Grabungskampagnen
Vorüberlegungen 1911
Die Grabung der DOG
Spätere Grabungen in Uruk
Weitere Forschung ist nötig
Die Stadt des Gilgamesch und der Ischtar

Irak, 1912-1913

Die gewünschten Reste älterer Perioden wurden nach Wiederaufnahme der Grabungen ab 1928 systematisch gesucht und aufgedeckt. Obwohl hier keine umfassende Darstellung der späteren, nicht mehr von der DOG verantworteten Grabungen geboten werden kann, müssen sie doch kurz gestreift werden, da nur so die Bedeutung des Ortes voll erfaßt werden kann.

Es zeichnete sich schnell ab, daß Uruk in der Frühgeschichte der Staatenbildung eine herausragende Rolle gespielt hatte. Ergiebigstes Untersuchungsgebiet hierfür wurde das Zentralheiligtum der Stadt, sumerisch Eanna «Haus des Himmels», genannt, das der Göttin Inanna-Ischtar geweiht war und das vom 3. bis zum 1. Jt. v. Chr. jeweils aus einem zentralen Kultbau und umgebenden Hofanlagen bestand (Abb. 32. 35). Das Heiligtum war im Verlauf dieser Zeit immer wieder erneuert worden, wobei - ohne daß das Gesamtkonzept grundlegend geändert wurde -die Mauerreste jeweils vorangehender Bauperioden als Fundamente dienten. Um an die ältesten Bauperioden zu gelangen, mußten also zunächst jüngere, seleukidische, achämenidische (6./5. Jh. v. Chr.), neuassyrische und neubabylonische (8.-6. Jh. v.Chr.), mittelbabylonische (15.-14. Jh. v. Chr.) und altbabylonische (20.-18. Jh. v.Chr.) Umbauten erforscht werden.

Die von Eduard Meyer und der DOG erhoffte Tempelbibliothek blieb bei all diesen Forschungen bis auf eine umfangreiche Sammlung von Wirtschaftstexten der neubabylonischen Tempelverwaltung bislang aus. Dies mag allerdings der Größe des Gesamtkomplexes (über 85 000 m2) zuzuschreiben sein, die bislang nur für die oberste Schicht, meist die der neubabylonischen und achämenidischen Zeit, wirklich großflächige Untersuchungen zuließ.

Besser bekannt ist die Geschichte des innersten Hofes, in dem der zentrale Kultbau stand. Er wurde spätestens zur Zeit der III. Dynastie von Ur (2114-2003 v.Chr.) in Form einer Ziqqurrat, eines mehrfach gestuften, hohen Terrassenbaus mit Tempel auf der obersten Stufe, ausgebaut und behielt diese Form bis in die Spätzeit des Heiligtums. Ältere Kultbauten des 3. Jts., die, um die relativ gut erhaltene Ur III-Ziq-qurrat nicht zu zerstören, in mühsamen Tunnelgrabungen untersucht werden mußten, scheinen aus nicht allzu hohen, einfachen Terrassen bestanden zu haben. Sie konnten sowohl rechteckig wie als Winkel geformt sein und sind daher nicht unbedingt als direkte Vorläufer der Ziqqurrat zu betrachten.

Daß es aber durchaus ältere Ziqqurrati gab, wissen wir vor allem durch eine andere Grabungsstelle in Uruk. Unweit des Bit Resch kam schon in der dritten Grabungskampagne eine weitere Ziqqurrat zutage, deren Ursprünge in der Ubaid-Zeit (5. Jt. v. Chr.) liegen und die damit wesentlich älter ist als die Eanna-Ziqqurrat. Sie unterscheidet sich zwar in einigen wesentlichen Zügen deutlich von ihrer jüngeren Nachbarin, ist aber durch ihre Mitte des 4. Jts. schon 12 m hohe untere Terrasse (Zustand B) und ihre flächenmäßig auf einen Tempelaufbau hin proportionierte Oberfläche durchaus als Ziqqurrat zu bezeichnen. Sensationell aber war der Nachweis eines auf dieser teilweise erhaltenen Ziqqurrat noch bis zu 2 m hoch anstehenden Tempels. Er blieb bislang der einzige - aus literarischen Quellen durchaus für jede Ziqqurrat zu erschließende - erhaltene Hochtempel.

Mit diesen Entdeckungen war eines der Hauptthemen der Grabungen in Uruk vorgegeben, das die Ausgräber, aber auch heute die Bearbeiter der Grabungsdokumentation von Uruk nicht losläßt und den Charakter der Grabung bestimmt hat: Die baugeschichtliche Erforschung der Ziqqurrat-Entwicklung, der eigentümlichsten und langlebigsten Tempelform Mesopotamiens.

Die Existenz von zwei Ziqqurrati in einer Stadt ist durchaus ungewöhnlich und selten. Die Eanna-Ziqqurrat ist nachweislich mit der Liebes- und Kriegsgöttin Inanna-Ischtar zu verbinden. Die ältere Ziqqurrat nahe des Bit Resch hat ihre Identität dagegen bislang nicht sicher preisgegeben. Aus der Literatur weiß man allerdings, daß auch der Himmelsgott Anu in Uruk eine wichtige Rolle gespielt hat. Auch ist im seleukidischen und damit im gegenüber der Ziqqurrat über 3000 Jahre jüngeren Bit Resch der Himmelsgott verehrt worden. Die räumliche Nähe und die Hinweise aus der Literatur legen also durchaus nahe, in dieser Ziqqurrat einen dem Himmelsgott geweihten Kultbau zu sehen.

Wenn dem so ist, muß aber, wie der Sumerologe Adam Falkenstein 1941 argumentierte, auch darauf hingewiesen werden, daß Uruk in der Literatur oft mit einem weiteren Ortsnamen, Kullab, gleichgesetzt wird und dieser Ort sichtlich etwas mit dem Heiligtum des Himmelsgottes zu tun hat. Es scheint also möglich, daß in grauer Vorzeit, sicher vor der Mitte des 3. Jts., zwei Städte, vielleicht durch den Fluß getrennt, nah beieinander existierten, die dann zum Ort Uruk zusammenwuchsen. Das Wissen um diesen weit in den vor-schriftlichen Perioden Mesopotamiens liegenden Verschmelzungsprozeß wäre also über Jahrtausende in Erinnerung geblieben.

Herausragendstes Grabungsergebnis war in Uruk aber eine Gruppe von Gebäuden, die im Gebiet des Eanna-Heilig-tums unter den Hofanlagen des 3. Jts. zutage traten: Riesige dreischiff ige, sogenannte «Mittelsaal»-Gebäude, deren Fassaden extrem aufwendig in mehrfach getreppten Nischen gegliedert waren (Abb. 43a-c). Da sie in Uruk zum ersten Mal nachgewiesen wurden, erhielt die Periode, in der sie gebaut und genutzt wurden, die Bezeichnung «Uruk-Zeit» (ca. 3700-3100 v.Chr.). Aus Lehmziegeln gebaut, meist nicht höher als 10-20 cm erhalten, löste über mehrere Jahrhunderte ein Bau den anderen ab; aus den jüngsten Schichten dieser Periode sind aber auch ganze Ensembles nebeneinander stehender Gebäude bekannt. Die Bauform blieb die Zeit über sehr ähnlich, es wurde aber offenbar mit Baumaterialien, normalerweise ausschließlich Lehmziegel, experimentiert: ein Gebäude besitzt Kalksteinfundamente, für ein anderes wird ein betonartiger Kunststein entwickelt. Beeindruckend sind hierbei Hofmauerfassaden oder auch eine Halle aus mächtigen Pfeilern, die mit komplizierten geometrischen Mosaiken aus dünnen Ton- oder Steinstiften geschmückt wurden. Ihre unmittelbare Funktion wird der Witterung s schütz der dahinter liegenden Lehmziegelmauern sein, doch ist anzunehmen, daß sie Gebäude verzierend hervorheben, die innerhalb der uruk-zeitlichen Stadtanlage eine spezielle Funktion hatten. Ob es sich hierbei um Tempel handelt oder um repräsentative öffentliche Gebäude, ist aber noch offen.

Spektakulär sind auch die Funde, die in ihrem Umfeld zutage traten und die einerseits von einer Blütezeit technischen und künstlerischen Könnens, andererseits von hochorganisierten und immer komplexer werdenden Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen zeugen: Die ältesten Rollsiegel Mesopotamiens, die sich schnell stilistisch entwickeln und sich am Ende der Uruk-Zeit in höchster künstlerischer Vollendung präsentieren, vor allem aber die ersten Tontafeln belegen diese Periode und sind in Uruk besonders eindrucksvoll vertreten. Sie verzeichnen Wirtschaftsvorgänge, die im Laufe der Uruk-Zeit offensichtlich so vielfältig und kompliziert geworden waren, daß sie nicht mehr durch Erinnerung allein zu bewältigen waren und differenzierte Gedächtnishilfen immer dringender erforderlich werden ließen. Annähernd 5000 Bruchstücke solcher Tafeln fanden sich im Laufe der Jahre in Uruk, der bislang größte Komplex uruk-zeitlicher Tontafeln überhaupt. Aber auch sonst offenbart sich diese Periode durch Funde höchster Qualität und Stilempfindens: Rollsiegel, deren technische und künstlerische Gestaltung großes Können verrät, Steingefäße, deren Sichtflächen mit naturalistischen oder stilisierten Szenen in Flach- oder auch in technisch anspruchsvollem Hochrelief aufwendig verziert sind, oder Rundplastik, die ausdrucksvolle und exakt an der Natur beobachtete Details und Gesamteindrücke einfängt.
 

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