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Luftbild des Fundortes. Im Hintergrund die Außenbereiche der modernen Stadt Ibra (Photo: Conrad Schmidt)

Luftaufnahme des Gebäudes VI. Der Grundriss ist charakteristisch für Wohngebäude der Umm an-Nar-Zeit (Photo: Conrad Schmidt).  

Das frühbronzezeitliche Stempelsiegel in situ (Photo: Jonas Kluge).  

Die plankonvexen Kupferbarren aus Gebäude VI (Photo: Jonas Kluge).  
Untersuchung einer Umm an-Nar-zeitlichen Siedlung nahe Ibra im Zentraloman (Oman)

Oman, 2023

Die frühbronzezeitliche Siedlung von Ibra Süd befindet sich in der Provinz Al-Sharqiyah North, circa 1 km südlich der Ausläufer der modernen Stadt Ibra im Sultanat Oman. Dieses Gebiet war, bis auf vereinzelte kleinere Untersuchungen innerhalb der Stadt Ibra, bisher archäologisch weitgehend unerforscht. Für die Frühe Bronzezeit waren bislang keine Siedlungsstrukturen bekannt. Die Umm an-Nar-zeitliche (ca. 2600 – 2000 v. Chr.) Siedlung von Ibra Süd wurde 2021 per Zufall entdeckt, nachdem Hinweise auf der Bevölkerung auf nahe archäologische Fundstellen aufmerksam gemacht hatten.

Von März bis April 2023 konnte ein von der Deutschen Orient-Gesellschaft geförderter und dem Omanischen Ministry of Heritage und Tourism unterstützter, sechswöchiger Survey der Siedlung und näheren Umgebung, sowie kleinere Testgrabungen innerhalb der Siedlung erfolgreich durchgeführt werden. Dabei konnten insgesamt 150 verschiedene, an der Oberfläche sichtbare Installationen dokumentiert werden, die zu etwa 50 verschiedenen archäologischen Strukturen gehören. Die Umm an-Nar-zeitliche Siedlung erstreckt sich sowohl auf einer flachen Kiesterrasse entlang einer kleinen Hügelkette als auch auf zwei kleinen Erhebungen im nahen Wadi Ibra. Sie besteht aus 17 großen, rechteckigen Gebäudekomplexen mit mehreren Räumen, die starke Parallelen zu anderen Wohngebäuden des 3. Jt. v. Chr. aus der Gegend von Bat im Westen des Omans. Die Gebäude weisen eine nahezu einheitliche Orientierung auf, was auf eine systematische Planung der Siedlung schließen lässt; ein Vorgang, der für die Frühe Bronzezeit im Oman untypisch ist.

Die Siedlung scheint am Ende der frühen Bronzezeit gezielt aufgegeben worden zu sein, jedoch wurde der Bereich in den späteren Perioden intensiv genutzt. Während des 2. und 1. Jt. v. Chr. wurde der zentrale Teil der Siedlung als Friedhof genutzt, wie mindestens 12 Bestattungsstrukturen, die teilweise Elemente der Wohngebäude der Siedlung wiederverwenden belegen. Des Weiteren konnten mehrere kleine, meist einräumige Gebäude und Terrassierungen auf den beiden Hügeln im Wadi beobachtete werden, die aufgrund ihrer Bauweise in die Samad-Zeit (ca. 300 v. Chr. bis 300 n. Chr.) datieren sollten, jedoch bisher mit keinen Funden aus dieser Periode in Verbindung gebracht werden konnten. Der östliche Teil der Hauptsiedlung wurde während der spätislamischen Periode (1650-1970 n. Chr.) als temporärer Lagerplatz genutzt, wobei erneut das Material der Gebäude aus dem 3. Jahrhundert wiederverwendet wurde. Darüber hinaus sind in der Umgebung der Siedlung neun Gräber aus der Umm an-Nar-Periode sowie 95 Gräber aus der Hafit-Periode (ca. 3200 – 2700 v. Chr.) dokumentiert, die eine lange und umfangreiche Besiedlung des Gebiets dokumentieren.

Die gesamte Siedlung wurde in einem systematischen Survey intensiv untersucht, wobei alle sichtbaren Oberflächenfunde gesammelt wurden. Jeder Fund wurde mit einem tragbaren GPS-Gerät vermessen, um die Konzentration bestimmter Fundgruppen zu dokumentieren. Insgesamt wurden 1218 verschiedene Objekte gesammelt, von denen die meisten Keramikscherben sind, die in die späte Umm an-Nar-Zeit zwischen 2300 und 2000 v. Chr. datieren. Bemerkenswert sind die etwa 25 Fragmente von Indus-Gefäßen mit schwarzem, flächigem Slip, die auf Kontakte und Austausch mit der Indus-Kultur in der Region des heutigen Pakistan und Indien hinweisen. Ebenfalls von Interesse war der Fund eines frühbronzezeitlichen Stempelsiegels. Darüber hinaus konnten auf einem der kleinen Hügel im Wadi Ibra zwei kleine Konzentrationen von Tiegelfragmenten festgestellt werden, die auf spezialisierte Bereiche der Kupferproduktion innerhalb der Siedlung hindeuten.

Kleinflächige Testgrabungen innerhalb zwei verschiedener Gebäude belegten eine gezielte Auflassung der Siedlung am Ende des 3. Jt. v. Chr. Unerwartet war die Entdeckung von mindestens 3 flachkonvexen Kupferbarren innerhalb eines Raumes. Ihre Positionierung lässt vermuten, dass sie in einem kleinen Behälter aus vergänglichem Material aufbewahrt wurden, der sich nicht erhalten hat. Solche Barren sind charakteristisch für die Frühe Bronzezeit und ermöglicht es mehr über die Rolle Omans in den interregionalen Handelsbeziehungen während der Frühen Bronzezeit, sowie die schon damals bekannten Technologien der Metallverarbeitung zu erfahren. Die erste Kampagne konnte zweifelfrei belegen, dass der Fundort großes Potential für weitere Untersuchungen bietet.