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Blick vom Westhang des Baradost auf den Durchbruch des Großen Zab sowie die Einmündung des Rawanduz in den Großen Zab.

Blick vom Westhang des Baradost nach Süden ins Alana-Tal (im Vordergrund Kala Chin, links Korek, rechts Dasht-i Harir).  

  
Khalifan-Survey

Iran, 2015-2017

(von Claudia Beuger)

Der Khalifan-Distrikt (Autonome Region Kurdistan, Irak) erstreckt sich über 45.000 ha zwischen der Harir-Ebene im Westen und dem Becken um Soran-Rawanduz im Osten. Das Gelände wird durch die Höhenzüge Baradost, Dasht-i Harir, Korek- und Bejan Dagh mit Höhen bis zu 2.500 m ü. NN definiert und umfasst schmale Auen entlang des Großen Zab sowie des Rawanduz- und des Alana-Flusses. Seit 2015 finden hier im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Department of Antiquities in Soran und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg archäologische Surveys und kleinere Ausgrabungen statt. Die Kampagnen 2015, 2016 und 2017 wurden unter anderem durch die freundliche Unterstützung der Deutsche Orient-Gesellschaft ermöglicht.

Vorrangiges Ziel des Projektes ist zunächst die Gesamtaufnahme der archäologischen Fundplätze im Khalifan-Distrikt. Aus früheren Geländebegehungen im 20. Jh. waren für dieses Gebiet nur zehn Fundstellen bekannt. Die Feldkampagnen der letzten Jahre konnten die archäologische Karte nun wesentlich erweitern: Neben zahlreichen alten Friedhöfen (um 1900 A.D.), Höhlen und Abris, haben wir inzwischen 49 archäologische Siedlungsplätze neu lokalisiert. Unter den Fundplätzen, die vorwiegend auf den Berghängen oder Felskuppen zu finden sind, fallen besonders solche mit eindeutig fortifikatorischem Charakter auf. Hierbei handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um kleinere Wehrburgen des späten 2. und frühen 1. Jt. v. Chr. Scherbenfunde sind in der Regel rar, daher stützt sich die Datierung der Anlagen vor allem bauliche Kriterien, wie sie für (prä-)urartäische Anlagen in Ostanatolien, Armenien und Nordwestiran beschrieben wurden. 

Der Khalifan-Distrikt könnte insgesamt als Pufferzone zwischen dem assyrischen Reich und dem Einflussgebiet der Urartäer gedient haben. Die historischen Quellen, zum Beispiel zu Sargons 8. Feldzug gegen Urartu (714 v. Chr.), nehmen direkten Bezug auf diese Region und benennen Flüsse, Berge sowie Städte und Dörfer. Vor allem geben sie aber Kenntnis über Militäroperationen der Assyrer in diesem Gebiet. Welche Rolle die Wehranlagen im Konflikt zwischen Assyrien und Urartu gespielt haben, ist derzeit nicht zu beantworten. Für den Khalifan-Distrikt sind sie jedoch die ersten bekannten Befunde dieser Zeit und regen zu weiteren Forschungen zu diesem Thema an. 

 

Literatur:

Beuger, C./Helms, T./Suleiman, A./Dlshad, M. A./Hussein, H., Archäologische Forschungen im nord-westlichen Zagros, Vorläufige Ergebnisse aus den Feldbegehungen in Khalifan (Distrikt Soran), Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft zu Berlin 147, 2015, 129-163.

Biscione, R., The Distribution of the Pre- and Protohistoric Hillforts in Iran, Studi Micen ed’Egeo Anatolici 51, 2009, 123-143. 

Danti, M., The Rowanduz Archaeological Project: Searching for the Kingdom of Musasir, Expedition Magazine 56/3, Winter 2014, 26–33. 

Kleiss, W./Kroll, S., Survey in Ost-Azarbaidjan 1991, Archäologische Mitteilungen aus Iran 25, 1992, 1-46.

Kroll, S./Gruber, C./Hellwag, U./Roaf, M./Zimansky, P. (eds.), Biainili-Urartu, The Proceedings of the Symposium held in Munich 12-14 October 2007, Acta Iranica, 51, 2012. 

Mayer, W., Assyrien und Urarṭu I., Der Achte Feldzug Sargons II. im Jahr 714 v. Chr, Alter Orient und Altes Testament 395/1, Münster 2013.